Frankreich
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Da Calais strategisch an der Kanalküste gelegen ist, wurde es zwischen 1940 und 1944 schwer bombardiert und stark befestigt. Das historische nördliche Stadtviertel wurde im Verlauf der Kämpfe, der deutschen Besatzung und alliierter Täuschungsoperationen nahezu vollständig zerstört.
Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs war Calais eine florierende Industrie- und Küstenstadt. Öffentliche Bauprojekte waren im Gange, darunter neue Promenaden und Hafeninfrastrukturen. Trotz seines zivilen Charakters behielt Calais einen hohen militärischen Stellenwert: Die Festungen und Kasernen beherbergten Infanterie- und Artillerieregimenter.
Im Mai 1940 wurde Calais abrupt in das Kriegsgeschehen hineingezogen. Während sich französische und britische Truppen aus Belgien zurückzogen und die Deutschen über Sedan vorrückten, geriet Calais ins Visier der alliierten Verteidigungsstrategie zur Unterstützung der Evakuierung von Dünkirchen. Zwischen dem 23. und 26. Mai 1940 erlitt die Stadt schwerste Bombardierungen. Das historische nördliche Stadtviertel – einschließlich der Seestation, des Museums und der Bahnhöfe – wurde katastrophal zerstört. Brände verwüsteten ganze Stadtteile, militärische Schlüsselstellungen wurden in Trümmer gelegt. Das traditionelle Seeviertel Courgain wurde nahezu ausgelöscht – Jahrhunderte städtischer Entwicklung verschwanden binnen weniger Tage.
Nach den Kämpfen im Jahr 1940 blieben vom alten Calais nur noch Fragmente stehen. Der Tour du Guet verlor seine Laterne, die Mauern der Zitadelle blieben zwar erhalten, doch ihr Inneres wurde zerstört. Die Kirche Notre-Dame wurde beschädigt, behielt aber ihren Turm. Die Forts Risban und Nieulay wurden für die Verteidigung der Stadt reaktiviert.
Während der deutschen Besatzung wurden die bestehenden Befestigungsanlagen ausgebaut. Bunker und Flugabwehrstellungen kamen hinzu, die Küstenbastionen wurden verstärkt. Zunächst zur Vorbereitung einer möglichen Invasion Englands im Rahmen der Operation Seelöwe errichtet, gingen diese Anlagen später in den Atlantikwall über. Von Mitte 1940 bis Anfang 1944 blieb die nördliche Zone der Stadt weitgehend eine Ruinenlandschaft – immer wieder Ziel alliierter Luftangriffe. Auch das für seine Spitzenindustrie bekannte Viertel Saint-Pierre wurde stark zerstört.
Zwischen Februar und September 1944 geriet Calais erneut ins Visier – diesmal im Rahmen der alliierten Täuschungsoperation Operation Fortitude. Eisenbahnanlagen und Industriegebäude wurden zerstört. In den letzten Tagen vor der Befreiung nahmen alliierte Truppen deutsche Stellungen in der Stadt unter Beschuss. Die Kirche Notre-Dame verlor ihren Turm und große Teile des Langhauses. Das Fort Nieulay und die Zitadelle wurden mit Sprengbomben und Flammenwerferpanzern angegriffen – und schwer beschädigt.
Die Folgen waren verheerend: Das historische Zentrum von Calais war weitgehend ausgelöscht. Nur vereinzelte Bauwerke blieben erhalten: Teile der Festungsmauern, der Leuchtturm ohne Laterne und die beschädigten Fundamente von Notre-Dame. Die Stadt war zu 73 % zerstört – von 17.700 Häusern blieben nur 860 unversehrt.
Adresse
Pl. d'Armes, Calais, France