Geschichte

Gestapo-Hauptquartier und Kollaborateure in Rouen

Frankreich

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Nach dem Eintreffen der 5. Panzerdivision am 9. Juni 1940 wurde Rouen, die Hauptstadt der Normandie, von der deutschen Wehrmacht besetzt. Bereits wenige Wochen nach der Besetzung richtete die Gestapo in diesem Gebäude ihr erstes Hauptquartier ein – ein Ort, der bald bei der Bevölkerung der Stadt gefürchtet war.

Während der Besatzungszeit operierte hier die Geheime Staatspolizei (Gestapo). Diese gefürchtete Organisation versuchte, ihre Autorität über die Bevölkerung durchzusetzen, insbesondere durch Operationen zur Aufspürung von Mitgliedern der Widerstandsbewegung. Verdächtige Personen wurden festgenommen und zur Vernehmung in dieses Gebäude gebracht. Zivilistinnen und Zivilisten berichteten, dass aus den Zellen und Verhörzimmern Schreie und Weinen der Gefolterten zu hören waren.

Widerstand gab es bereits früh: Am 9. Juni 1940 wurde das Hafengebiet am Flussufer beschädigt, um es für die Besatzer unbrauchbar zu machen.

Die Gestapo baute ein Netz ziviler Kollaborateure auf – Männer und Frauen aus verschiedenen sozialen Schichten. Diese informierten über zivile Angelegenheiten ebenso wie über Aktivitäten von Widerstandsnetzwerken. Für die von der Gestapo verfolgten Personen bedeutete das in vielen Fällen den Tod – sei es durch Hinrichtung oder durch Deportation in Internierungslager, wo viele durch Zwangsarbeit oder Krankheit starben.

Jene, die der Gestapo halfen, wurden belohnt – vermutlich in der Hoffnung, ihr eigenes Leben dadurch zu erleichtern. In der Normandie litten die Menschen im Vergleich zu anderen Regionen Europas weniger unter Nahrungsmittelknappheit, da die Region landwirtschaftlich reich war. Dennoch galten auch hier Einschränkungen: nächtliche Ausgangssperren und Ausweiskontrollen gehörten zum Alltag. Die Menschen versuchten, ein normales Leben aufrechtzuerhalten.

Einer, den die Gestapo nie fassen konnte, war Philippe Liewer, der im April 1943 eine Widerstandsgruppe in Rouen aufbaute. Am 19. April 1944 wurde das Gestapo-Hauptquartier durch einen alliierten Bombenangriff zerstört – damit endete seine Nutzung durch die Besatzer. Ihre Zeit in der Stadt ging rasch dem Ende entgegen.

Im August 1944 marschierten kanadische Truppen in Rouen ein. Am 31. August 1944 um 07:25 Uhr rückte die 9. Kanadische Infanteriebrigade von Westen her durch die Stadt vor. Die Straßen waren gesäumt von jubelnden Zivilisten, die das Ende von vier Jahren Besatzung feierten.

Soldaten des Brigadestabs machten Halt an der Mairie de Bois-Guillaume, Place de la Libération, im Nordosten der Stadt. Für manche von ihnen war es das erste Mal, dass sie die Folgen für Kollaborateure erlebten: Eine mutmaßliche Kollaborateurin wurde vor der Menge vorgeführt, mit Spott und Buhrufen empfangen – dann schnitt man ihr öffentlich die Haare ab. Diese Handlung diente als Zeichen der Bestrafung für Zusammenarbeit mit dem Feind – eine Szene, die sich in vielen Städten Europas während der Befreiung wiederholte.

In den Jahren nach dem Krieg untersuchte die örtliche Polizei zahlreiche Kollaborationsfälle. Wer der Zusammenarbeit mit dem Feind überführt wurde, musste sich strafrechtlich verantworten.

Adresse

​4 Rue du Donjon​